(„Therapiehündin Roula“, von Franciska Lion-Arend, Artikel erschienen in „ServiceLeben aktuell Tegel“, Ausgabe Herbst/Winter 2013, Renafan)
Der Sonnenschein aus Griechenland
Am 10. Mai 2010 lag ich in meiner Lieblingsecke im bezaubernden Hotelgarten des Liapades Beach Hotel (Korfu), als ein kleiner blonder, sehr verwahrloster struweliger Hund neben meiner Liege auftauchte. Ich erholte mich gerade von einer unruhigen Nacht, denn ich hatte eine ungute Ahnung, dass etwas mit unserem Kater Greebo nicht stimmte, der übrigens der erste offizielle Therapiekater unseres Vereins war. Greebo und seine Schwester hatten wir in einer Katzenpension mit Tierarztpraxis untergebracht, da insbesondere der Kater bereits große Herzprobleme hatte und besondere medizinische Aufsicht brauchte.
Ich sprach den kleinen Hund an und fragte, „Junge oder Mädchen?“, das süße Vieh kam angewedelt und zeigte Bauch – ok, Mädchen. „Name“? Ich probierte verschiedene Hundenamen und griechische Frauennamen aus. Sie reagierte auf „Roula“. Kein Wunder, denn fast jede dritte Frau heisst auf der Insel aus traditionellen Gründen so. Von dieser Sekunde an folgte mir Roula auf Schritt und Tritt, sie schlief sogar nachts auf der Fußmatte vor unserem Appartment.
„Bloß keine Beziehung aufbauen“, das war mein Gedanke, daher hatte ich sie nicht gefüttert und versucht, sie nicht zu sehr zu beachten, nur aufzupassen, dass sie bei unseren Spaziergängen nicht unter die Räder kam. Ich wollte mir zwar noch im gleichen Jahr einen Hund anschaffen, aber erst im Herbst, nach meiner anstehenden Kur. Aus dem Tierheim wollte ich mit einen holen. Klein, sportlich und vielleicht ein helles, mittellanges Fell, am liebsten eine Hündin, idealer Weise ein Terrier-Mix. Und dann stand dieses extrem süße Hundemädchen vor mir, wie aus dem Katalog bestellt, aber nicht abgeholt – was sollte ich tun? Abstand halten erschien mir das klügste, doch die Kleine blieb hartnäckig. Da sie noch ein Halsband trug, versuchten wir den Besitzer zu finden, befragten wir die Leute und hörten uns um.
Ein paar Tage nach unserer ersten Begegnung war sie plötzlich morgens verschwunden. Ich dachte, sie wäre zurück zu ihrem Besitzer nach Hause gegangen und alles wäre gut. So etwas ist nicht ungewöhnlich auf der Insel, aber besorgt war ich doch. Zudem wuchs meine Unruhe wegen des Katers. Endlich erreichte ich meine Eltern, meinen ungutes Gefühl wurde zur Gewissheit, Greebo war gestorben. Sehr friedlich und entspannt soll er ohne Nachhilfe eingeschlafen sein. Greebo selbst war ein Hundefreund. Er liebte Hundespiele, zum Beispiel das Apportieren, er gehorchte aufs Wort, kam sofort angerannt, wenn man seinen Namen rief. War es Zufall, dass Roula in unserem Leben auftauchte, genau an dem Morgen nach seinem Abgang?
Nach dieser Nachricht hatte ich zwei Tage lang unser Appartment nicht verlassen, als es an der Tür klopfte. Da stand mein Mann, mit dem noch elender aussehenden kleinen blonden Struwel unterm Arm. „Ich hab‘ da was gefunden und dir mitgebracht“, mit diesen Worten drückte er mir Roula in dien Arme. Ich konnte sie nicht mehr loslassen. Und ab da ging alles sehr schnell. Die Tierhilfe Korfu gab uns Tipps, wie wir den Transport nach Deutschland organisieren sollten. Unsere griechischen Freunde halfen uns beim Tierarzt und bei den Besorgungen: Transportbox, Halsband, Leine und Futter. Ein gewisser Herr Bluhm von Airberlin setzte alle Hebel in Bewegung, um den Hund auf unsere Tickets einzubuchen und einen Platz in unserer Maschine nach Berlin zu sichern. Geschafft.
Zurück in Berlin ging ich mit Roula zum Sommertreffen der Therapiehunde. Sie wurde vom Fleck weg engagiert. Endlich wurde auch mein Traum war. Fast seit Beginn der seiner Aktivitäten unterstütze ich den Verein, indem ich für das Sponsoring der Webseite sorgte. Später war ich mit Kater Greebo im Einsatz und nun hatte ich endlich einen Hund, der sich für diese Arbeit auch eignete. Im Herbst war Hundeschule angesagt. Roula wusste und konnte schon alles, nur wir mussten lernen, wie das geht mit dem Gehorchen. Die Therapiehunde-Prüfung im Sommer 2011 war ein Klacks, so dass wir Anfang 2012 bei Renafan anfangen konnten. Den Rest der Geschichte kennen Sie: inzwischen kann sie diverse Kunststücke und ist ein Therapiehund-Profi geworden, der nicht nur für Futer in Aktion tritt…
Sie hat sogar eine eigene Fanseite auf Facebook mit vielen internationalen Freunden: http://www.facebook.com/RoulaLi
Was wir über Roulas Schicksal erfahren konnten.
Roula wurde wahrscheinlich im Frühjahr 2007 geboren. Das wissen wir, weil ihr Bruder Bobby im Nachbardorf lebt, dessen Besitzer wir gut kennen. Sie wurde von einer einheimischen Reisemanagerin gekauft, welche jedoch zwei Jahre später nach Spanien versetzt wurde und den Hund nicht mitnehmen konnte. Sie übergab „Ruby“, so hiess Roula, guten Freunden, den sie vertraute. Diese setzten Roula vor die Tür, als sie mit anderen Hunden bei der Hühnerjagd erwischt wurde. Vermutlich wurde sie auch verprügelt deswegen, denn sie hatte große Probleme mit Männern mit dunklen Haaren und Schnauzbart. Und sie mochte keine Gürtel. Den Rest kann man sich denken.
In Berlin habe ich sie gründlich untersuchen lassen. Sie war ein sehr kranker kleiner Hund und hätte den nächsten Winter nicht überlebt. Letztes Jahr trafen wir ihre erste Besitzerin, sie war zu Besuch und ein gemeinsamer Freund organisierte das Treffen. Sie konnte nicht fassen, dass der Hund noch lebt und war überglücklich, dass es Roula so gut geht.
Aus einem kleinen verwahrlosten korfiotischen Straßenköter ist eine freche und lebhafte Berliner Göhre mit Job und eigener Krankenversicherung geworden, die als Besuchshund den Menschen viel griechische Sonne in die Herzen und ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Zu mir selbst steht das wesentliche in der Geschichte…. Ca. 10 Jahren engagierte ich mich aktiv für den Therapiehunde-Verein. Von 2008 bis Anfang 2015 war ich dort offizielles Mitglied.