Es gibt gute Nachrichten für Besitzer der sogenannten Listenhunde. Im neuen Berliner Hundegesetz suchen wir vergeblich die Aufzählung von gefährlichen Kampfhunde-Rassen. Denn ab sofort wird ein Hund oder eine spezielle Rasse erst dann als gefährlich eingestuft, wenn sie durch Auffälligkeiten im zukünftigen zentralen Hunderegister (voraussichtlich 2019) erfasst ist. Damit hat die pauschale Diskriminierung einzelner Hunderassen zunächst ein Ende. Derzeit entscheidet die Einzelfallbetrachtung, ob ein Hund oder eine Rasse als gefährlich gilt. Endlich rückt also der Halter in den Fokus, denn er muss im Zweifelsfall eine erweiterte Sachkunde und Eignung nachweisen. Und das ist richtig so.
Listenhunde – endlich rehabilitiert?
Wer kennt sie nicht, die aggressiven Kampf-Kuschler unten den Hunden? Großer Kopf, viel Kraft und ein riesengroßes Herz. Sie sind stürmisch in ihrer Begeisterung, kraftvoll im Alltag und deshalb in den falschen Händen ein Problem. Aber ihren schlechten Ruf als gefährliche Hunde haben sie nicht verdient, die Pitbulls, Bullterrier, Staffs & Co.
Doch Spaß beiseite. Wer sich mit Hunden auskennt, weiss aus Erfahrung, dass das Problem immer der Zweibeiner am anderen Ende der Leine darstellt. Ich kenne mehr kleinrassige Problem-Vierbeiner und unausgelastete Familienhunde auf Aggro-Tripp als problematische Listenhunde. Auch fehlten mir in der alten Kampfhunde-Liste die neueren Rassen wie Ritchbacks, welche nach der alten Logik ebenfalls dort hinein gehört hätten. Doch eines verblüffte mich immer besonders, nämlich dass die Dauerkandidaten auf Platz 1 in der Hundebiss-Statistik nicht genannt wurden: Deutsche Schäferhunde und diveres Mischlinge.
Die ursprüngliche Kampfhunde-Liste stand aus diesen Gründen von Anfang an in der Kritik. Deshalb wurden die per Gesetz als gefährlich klassifizierten Hunderassen von Insidern lieber als Listenhunde bezeichnet. Doch dieses Versteckspiel ist jetzt glücklicher Weise nicht mehr notwendig.
Gefährliche Hunde
Interessant sind die Änderungen im § 5 (früher § 4) des Berliner Hundegesetzes. Zunächst wird eher allgemein beschrieben, woran ein gefährlicher Hund erkennbar ist. Welche Hunderassen, Kreuzungen und Einzeltiere als gefährlich gelten, wird im § 32 geregelt. Und so wurde gleichzeitig ein komplett neuer Abschnitt in das neue Gesetz eingefügt.
Weiterhin gelten Hunde als gefährlich, wenn sie „(eine) über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe, (einen) nicht ständig kontrollierbaren Jagdtrieb aufweisen. Oder wenn sie durch Angriffe auf Menschen oder Tiere auffällig geworden sind und deshalb behördlichen Auflagen unterliegen“.
Ein eigener Gesetzesabschnitt
Dafür wurden die alten §§ 4, 5 und 6 zunächst auf das wesentliche reduziert: Jeder Hundehalter hat seine Sachkunde nachzuweisen (§ 6). Dies kann er entweder durch eine Sachkundeprüfung (§ 7) tun oder er fällt unter eine der Ausnahmeregeln im § 5, Abs. 2.
Im Gegenzug wurde ein ganzer neuer Gesetzesabschnitt für gefährliche Hunde eingeführt, um die generell für alle Hunde geltenden Regeln einfacher zu gestalten.
Der Abschnitt 3
- das Zuchtverbot und die ausschließliche Weitergabe durch Tierheime und vergleichbare Organisationen. (§ 17)
- die Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde mit Rasseangaben, Chipnummer, Geschlecht, Geburtsdatum und Halterdaten. (§ 18)
- die erweiterten Nachweispflichten bei Sachkunde, Haftpflichtversicherung und Wesenstest, welche mit einer Art Hunde-TÜV-Plakette belohnt wird. (§ 19)
- die Maulkorbpflicht und deren Aufhebung unter Auflagen. (§ 20)
- die art- und fachgerechte Unterbringung, Beaufsichtigung und Führung des Hundes. (§ 21)
- die Zuverlässigkeit und Eignung des Halters, nachgewiesen durch ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis und bisherige tadellose Führung von Hunden. (§ 22)
- die besondere Leinenpflicht und die Möglichkeiten der Aufhebung. (§§ 23, 24)
- die Tierärztliche Meldepflichten. (§ 25)
Die neuen Regelungen sind vielleicht etwas umfangreicher, dafür aber auch viel klarer gestaltet geworden. Und selbst wenn ein Hund als gefährlich eingestuft wurde, gibt es Möglichkeiten für die Rehabilitation. Da scheinen sich die Hudneexperten durchgesetzt zu haben. Und das ist erfreulich.
Sozialverträglichkeit und Wesenstest
Doch so ganz ist die Liste für gefährliche Hunderassen noch nicht vom Tisch. Der neue § 32 verschafft unserem Gesetzgeber und der Verwaltung etwas Zeit und mehr Spielraum, genauere Regeln zu definieren, welche Hunderassen vorsorglich als gefährliche Listenhunde eingestuft werden sollten. Dazu soll in naher Zukunft ein zentrales Register angelegt werden. Hoffentlich mit mehr Sachverstand, als in der Vergangenheit.
Wer einen vermeintlich gefährlichen Hund besitzt, kann durch einen Wesentests (§ 9) und den Nachweis der Sozialverträglichkeit (§ 8) dafür sorgen, dass er nicht „lebenslänglich“ bekommt, sondern „auf Bewährung“ oder den Freispruch hoffen darf. Anscheinend setzt sich endlich die Erkenntnis durch, dass das Verhalten des Hundes viel stärker vom Halter abhängt als von seiner Rassezugehörigkeit.
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- Das Berliner Hundegesetz zum Download (0 Downloads)
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- Das Berliner Hundegesetz – Verlinkung zu den Beiträgen
der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung auf berlin.de - Beitrag „Die neuen Regeln zur Leinenpflicht„
Ein Hinweis zum Schluss
Ich bin keine Juristin. Daher ist dieser Beitrag nicht als rechtliche Beratung zu betrachten, denn dazu bin ich nicht berechtigt. Vielmehr ist es eine persönliche Interpretation dessen, wie ich das neue Berliner Hundegesetz gelesen und verstanden habe. Im Zweifelsfalle bitte ich, Auskunft bei den zuständigen Ämtern oder Rat bei einem Rechtsanwalt einzuholen.