Der Berliner Besuchshunde Blog

Flexileine ohne Zugzwang

Auch ich gehöre zu den Hundehaltern, die manchmal eine Flexileine einsetzen. Z. B. wenn wir, also mein Hund und ich, zu einem längeren Spaziergang in einer eher unbekannten, ruhigen Gegend unterwegs sind. Dann kommt auch das Geschirr zum Einsatz, damit sich meine Roula nicht versehentlich stranguliert, falls die Leine dann doch mal bis zum Anschlag ausgefahren sein sollte. Ich sage hier absichtlich „falls“, denn das ist bei uns beiden eher die Ausnahme. Hier erfahren Sie, wie auch Sie diesen wortwörtlich entspannten Zustand mit Ihrem Hund erreichen können.

So geht’s

Roula, meine lebhafte Malteser-Terrier-Mix Hündin, hat nämlich gelernt, auch an der Flexileine so diszipliniert zu gehen, wie an der normalen. Sie weiss, dass sie mehr Spielraum hat, dass sie mal vorgehen und mal zurückbleiben kann, z.B. um etwas länger zu schnuppern, ohne dass ich stehen bleibe. Ich halte nur dann an, wenn sie mal „müssen muss“. Sie kennt meine Signale und ich ihre. Wir achten und reagieren aufeinander, ohne uns selbst zu sehr einzuschränken. Wenn Sie jetzt denken, dass das zu schön um wahr zu sein wäre, weil Sie mit ihrem Hund Wasserski auf Asphalt spielen, dann verrate ich Ihnen den Trick.

Schritt 1: Leinentraining mit der festen Leine

Wer die Hundeschule besucht hat, kennt das Training zur Leinenführigkeit eigentlich. Für alle anderen ist es auch schnell erklärt.

Suchen Sie eine ablenkmungsarme, ruhige Umgebung. Sie laufen mit Ihrem Hund in eine Richtung los. Sobald Ihr Hund vor Ihnen läuft und BEVOR er richtig anfängt zu ziehen, wechseln Sie in genau die entgegen gesetzte Richtung – mit einem Kommando wie z. B. „zurück“ oder „nicht ziehen“. Welches Wort Sie hierfür verwenden, ist eigentlich egal. Es muss nur eindeutig zu dieser Situation gehören und gesagt werden. Und ziehen Sie Ihren Hund, egal wie groß er ist, immer seitlich weg, nie von oben. Der Grund: Erstens muss er dann das Gleichgewicht verlagern und Sie gewinnen die Kontrolle (zurück). Und zweitens verringern Sie so den Druck auf die Kehle und die ohnehin schon durch das ständige Ziehen stark belastete Halsregion.

Diesen Richtungswechsel wiederholen Sie so lange, bis Ihr Hund den Blickkontakt sucht. Diesen „Was willst du?“ Blick werden Sie sofort erkennen. Und jetzt können Sie richtig Trainieren. Immer und solange die Leine beim Richtungswechsel durchhängt, loben Sie Ihren Vierbeiner überschwänglich. Wenn Sie sich dabei total bescheuert vorkommen, ist das für den Anfang genau die richtige Dosis. Verzichten Sie aber ausnahmsweise mal auf die Belohnung durch Futter. Das können Sie am Ende der Übung geben, wenn’s ein paar mal super geklappt hat. Und das Kommando nicht vergessen. Je nach Intelligenz und Motivation dauert diese Übung zwischen fünf Minuten bis zu einer Stunde.

Wiederholen Sie das bei jedem Spaziergang. Danach verschärfen Sie die Trainingssituation, indem Sie das Training in einer reizi-ntensiven Umgebung fortsetzen: viele andere Hunde, spielende Kinder, passierende Fussgänger, Radfahrer etc.

Erfolgsmessung

In jeder Situation muss die Leine immer leicht durchhängend bwz. komplett ungespannt bleiben. Solange Sie das Gefühl haben, die Leine mehrmals um das Handgelenk wickeln zu müssen, sind Sie und auch Ihr Hund noch nicht so weit. Denn dann haben Sie noch nicht die vollständie Kontrolle und das Vertrauen in Sachen Leinenführigkeit bei Ihrem Hund erreicht. Und so lange ist auch die Flexileine tabu. Doch wenn Sie Ihren Hund zumindest theoretisch am nur einem Finger an der Leine führen könnten, Ihre Schulter locker ist und Ihr Arm entspannt herunterhängen kann, dann können Sie zum nächsten Schritt übergehen.

Schritt 2: Training mit der Flexileine

Mit der Flexileine fangen Sie da an, wo Sie mit der festen Leine aufgehört haben: im arretierten, aber kurzen Zustand. Es kann nämlich sein, dass Ihr Hund sich trickreich und schlauer Weise daran erinnert, wie das Ding funktioniert. Stellen Sie also sicher, dass er merkt, welche neuen Regeln gelten. Ist die Flexileine stramm, wiederholen Sie das Training wie im Schritt eins. Hängt die arretierte Flexileine durch, geben Sie Ihrem Hund etwas mehr Spielraum.

Sobald Sie merken, dass Ihr Hund an Fahrt aufnimmt und aktiv seinen Spielraum erweitern will, dann sagen Sie das erlente Kommando, drücken Sie die Arretiertfunktion laut hörbar und ziehen ihn zurück wie in Schritt eins. Nutzen Sie hierbei auch die Einholfunktion der Leine und verkürzen Sie diese aktiv. Geben Sie im kurzen Zustand beginnend wieder Stück für Stück Länge dazu. Achten Sie dabei darauf, dass Ihr Hund in dieser Phase die Leine nie bis ganz zum Anschlag ausziehen kann. Nur so lernt er seinen tolerierten Spielraum zu kennen: Sie entscheiden, wie viel Leinenlänge es gibt.

In der Endphase können Sie Ihren Hund mit einer weiteren Funktion der Flexleine sogar noch unterstützen. Gute Leinen haben nämlich eine Art Ausbremsfunktion bei nur halb gedrückten Knopf. Das dabei erzeugte Geräusch hilft Ihrem Hund zu erkennen, dass er eventuell gleich wieder zurückgezogen und sein Spielraum eingeschränkt wird. Irgendwann sind Sie beide dann ein eingespieltes Team und können den Spaziergang mit Flexileine entspannt genießen. So wie ich mit meiner Roula.

Bitte nicht

Egal wie gut Ihr Hund an der Flexileine läuft, die Begegnung mit anderen Hunden muss immer ruhig und diszipliniert zu gleichen Bedingungen quasi auf Augenhöhe ablaufen. Immer wieder erlebe ich, dass andere Hundehalter ihre Hunde auf meinen zurennen lassen, obwohl ich ihn zu mir herangerufen habe bzw. eng bei mir behalte. Sie können den Grund nicht kennen, deshalb wäre eigentlich Vorsicht angebracht. Und es ist vollkommen egal, ob Ihr Hund harmlos und freundlich ist. Sie können nicht wissen, ob der andere Hund diese freundliche Übergriffigkeit gutheißt. Meine Hündin tut das nämlich meistens nicht und reagiert etwas schnippisch. Sie mag lieber eine ruhig-höfliche Annäherung. Ich selbst kann es nicht leiden, wenn fremde Hunde uneingeladen in meinen persönlichen Raum eindringen. Vor allem auch dann nicht, wenn ich mich mit meinem Hund in einer Übungs- oder Gehorsamkeitsituation befinde. Und damit stehe ich nicht allein da, denn ein solcher Umgang ist ebenso unbedacht wie respektlos.

Grundsätzlich sollten Sie vermeiden, dass bei einer Hundebegnung die Flexileine zu weit ausgefahren ist. Es kann nämlich sein, dass beide Hunde sofort lostoben. Wenn der andere Hund auch an der langen Leine geführt wird, dann mag das Leinenballett zwar zunächst lustig aussehen, ist aber für alle Beteiligten sowie für Passanten wegen Unfallgefahr „kreuzgefährlich“. Versuchen Sie, sich mit dem anderen Hundehalter abzustimmen, so dass die Leinen kurz genug sind, so dass sie sich nicht verheddern. Verabreden Sie sich dann lieber zu einem gemeinsamen Spaziergang oder einer Tobemöglichkeit in einer kontrollierbaren Situation.